"Rassenschande"

Da Irma Eckler ledig bleiben musste, wurde ihr Kind Ingrid am 29. Oktober 1935 außerehelich geboren. 

Der Vater erkannte die Vaterschaft an und die Eltern ließen Ingrid evangelisch taufen. 

Das Kind wurde, wie damals üblich, von Geburt an bis zur Volljährigkeit mit 21 Jahren unter Vormundschaft [zum Dokument] gestellt. 

Im August 1937 erwartete Irma ihr zweites Kind. Am 12. Juni 1937 feierten sie Irmas 24. Geburtstag. Am gleichen Tag, dem 12. Juni 1937, wurde ein geheimer Erlass intern bekannt gegeben : 

(Die Bezeichnung "Schutzhaft" war irreführend. Nicht der Schutz der "Rassenschänderin vor dem Volkszorn", sondern eine Strafhaft war beabsichtigt.)


Erste Verhaftung

August Landmesser wollte Anfang Juli 1937 Harnburg heimlich verlassen und in Dänemark Arbeit suchen, um Irma mit den Kindern später nachkommen zu lassen. Aber das Vorhaben scheiterte kläglich, weil er in seiner Bedrängnis unbesonnen handelte. 

Er wurde am 28. Juli 1937 festgenommen. August richtete am 3. August 1937 aus der Haft ein Gnadengesuch an das Gericht:

Anklicken der Dokumente führt in das Archiv, wo sie noch einmal größer wiedergegeben sind.

Auch bemühte er sich darum, doch noch bei einer Dienststelle in Berlin eine "Heiratserlaubnis mit einer Jüdin" zu erhalten. Die Erlaubnis wurde ihm nicht erteilt.

Am 6. August 1937 [zum Dokument] kam die Tochter Irene zur Welt. 

Bereits im Juli 1937 war ein Strafverfahren wegen "Rassenschande" eingeleitet worden (erwähnt im Urteil des Landgerichts - Staatsarchiv 213-1 - unter dem Aktenzeichen - 11 Kls. 47/38). 

Der Vater wurde durch Haftbefehl vom 15. September 1937 wegen "Rassenschande" in Untersuchungshaft genommen. (Im Bestand der Gefängnisverwaltung II befindet sich eine Eintragung in der Gefangenenkartei, die die Inhaftierung im Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbüttel bestätigt; Staatsarchiv 242-1 II)

In der Gerichtsverhandlung behauptete August Landmesser, daß ihm die jüdische Abstammung von Irma nicht bekannt gewesen sei. Er habe angenommen, sie sei "Halbjüdin". 

Auch Irma sei sich nicht bewusst gewesen, daß sie als "Volljüdin" gelte, da ihr Großvater väterlicherseits "Arier" war. 

Das Urteil des Landgerichts vom 27. Mai 1938 lautete auf Freispruch aus Mangel an Beweisen. [Staatsarchiv 213-1

Dadurch konnte der geheime Erlass vom Juni 1937 noch nicht zur Anwendung kommen.

Nach der Haftentlassung ging der Vater zunächst zu Frau Graumann, Irmas Mutter, um seine Kinder zu sehen. Die Eltern trafen sich wieder und es entstand das einzige Foto, das die ganze Familie zeigt und auch das letzte der Mutter mit ihren Kindern. 

Doch der Vater wurde bald wieder verhaftet.