Hamburg-Forum (2002)


 

 Unser Angebot

Auf dieser Seite haben wir unsere Angebote mit lokal- und regionalgeschichtlichen Bezügen gebündelt, die in besonderer Weise für Hamburger Schulen von Interesse sein dürften.   

Zum LehrerInnenzimmer...

 

Geleitwort 

Landesschulrat Peter Daschner  
Oktober 2001 
Historische Erinnerung braucht, damit sie einen angemessenen Platz in unserer Gesellschaft erhält, ihre Anlässe – Jahres- und Gedenktage, die Anstöße zum Erinnern geben. In diesen Wochen folgen die 60. Jahrestage der Deportationen Hamburger Juden in die Gettos »Litzmannstadt« /Lodz (25. Oktober 1941), Minsk (8. und 18. November) Riga (6. Dezember 1941) eng aufeinander. Am 28. Oktober besteht Anlass, an die Abschiebung von Juden polnischer Herkunft und/oder Staatsbürgerschaft aus dem Deutschen Reich – und also auch aus Hamburg – im Jahre 1938 zu erinnern. Unter den Deportierten befand sich auch die Familie von Herschel Grynszpan aus Hannover, der, von dem Elend seiner Angehörigen in Kenntnis gesetzt, in Paris ein Attentat auf den Botschaftsangehörigen Ernst vom Rath verübte – ein willkommener Anlass für die Nazis zum Pogrom, an den es am 9. und 10. November zu erinnern gilt.

Auch wenn an Hamburger Schulen die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht auf solche Jahrestage beschränkt ist und die pädagogische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Holocaust zu einem zentralen Thema der Beschäftigung mit unserer Geschichte geworden ist, braucht es Erinnerungsanlässe, die uns die damaligen Ereignisse exemplarisch zu vergegenwärtigen helfen.

»Jeder Tag ist ein Gedenktag«, formulierte der Auschwitz-Überlebende Simon Wiesenthal in dem Titel eines seiner Bücher. Die Zeit des nationalsozialistischen Terrors währte zwölf lange Jahre: von »ganz normalen Menschen« - in Abwandlung des Titels eines Buches des amerikanischen Historikers Christopher Browning über ein Hamburger Polizeibataillon, das am Morden teilhatte – erlebte, gelebte und gestaltete Geschichte, die ihre Gegenwart war.

Die Forschungs- und Arbeitsstelle (FAS) »Erziehung nach/über Auschwitz« in Trägerschaft des Hamburger Verein SterniPark e.V. liefert mit ihrem neuen Angebot für Hamburger Schulen u.a. beispielhafte Quellen, Dokumente und Berichte, die es den Lehrenden und Lernenden erleichtern, einen Zugang zu dieser Geschichte zu erhalten.

Sie lässt die Ermordeten und Überlebenden zu Wort kommen, gibt einigen von ihnen Namen, Gesichter und Worte zurück, die die Nationalsozialisten mit den Menschen vernichten wollten. Damit nicht genug: die Darstellung bezieht auch die Täter und Zuschauer ein. Die Hamburger Historikerin Monika Richarz hat einmal formuliert, aus vielen Dokumentationen zur Lokalgeschichte der Judenverfolgung könne der Eindruck entstehen, die Untaten der Nazizeit seien eine »Tat ohne Täter«. Diesem Einwurf begegnet die FAS in ihren Materialien, indem sie auch Täter benennt und beschreibt. Von zentraler Bedeutung für das Geschehen sind die Zuschauer – wieder »ganz normale Menschen«, die durch ihr Zu- oder Wegschauen, durch ihre seltene und kostbare Hilfe für die Verfolgten oder die Beihilfe zur Tat das gesellschaftliche Klima mitbestimmten, in dem die Juden und andere Minderheiten gedemütigt, verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Der israelische Historiker Yehuda Bauer hat »drei Gebote« als Lehren aus der Geschichte des Holocaust formuliert: »Sei kein Täter! Sei kein Opfer! Vor allem aber sei (oder bleibe) kein Zuschauer!« Von den Zeitgenossen, die weder potentielle Täter noch Opfer sind, und ihrer Courage hängt in jeder Gesellschaft ganz wesentlich ab, was möglich wird. Bei ihnen und den Tätern, nicht bei den Opfern, liegt das Wiederholungsrisiko. Mündige Menschen, in Empathie, Selbstreflexion und Autonomie geschult, sind – wie Theodor W. Adorno 1966 in seinem Radiovortrag zur »Erziehung nach Auschwitz« zum Ausdruck brachte, die beste Gewähr dafür, »dass Auschwitz nicht noch einmal sei«.

Empathie, Selbstreflexion und Autonomie zu fördern, eine Umgebung zu schaffen, die frei von gesellschaftlicher Kälte ist, ist Dauerauftrag jeder Erziehung, nicht nur in der direkten Auseinandersetzung mit der Geschichte des Holocaust.

Die Maxime, die Erziehung so auszurichten, »dass Auschwitz nicht noch einmal sei«, der Adorno den Rang eines kategorischen Imperativs gegeben hat, ist eine tägliche Herausforderung für die pädagogische Praxis.

An den Hamburger Schulen gibt es viele gute Beispiele dafür, dass diese Herausforderung angenommen wird. Viele Schulprojekte, Schülerarbeiten, Ausstellungen, Gespräche mit Überlebenden und Zeitzeugen und Schulbenennungen sind ein Ausdruck des großen Engagements unserer SchülerInnen und LehrerInnen.

Die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung hat in den vergangenen Jahren dieses Engagement durch eine Vielzahl von Maßnahmen unterstützt und gefördert, darunter Unterrichtshandreichungen wie die CD-ROM »Vielleicht steht die Synagoge noch!« zur Geschichte der Harburger Juden und ihrer nicht-jüdischen Nachbarn, die ebenfalls von der FAS erarbeitet wurde.

Das thematische Engagement an unseren Hamburger Schulen erhält in den gezielt für die pädagogische Praxis erarbeiteten Angeboten der Forschungs- und Arbeitsstelle »Erziehung nach/über Auschwitz« eine wertvolle Unterstützung.

 

Unterrichtsmaterialien

Anlässe: Boykott 1933 · »Polenausweisung« 1938 · Pogrom 1938 · Deportation nach Lodz / »Litzmannstadt« 1941 · Deportation nach Riga 1941

Personen: Irma, Irene und Ingrid Eckler · Alfred Gordon [zweiseitiges Arbeitsblatt als PDF-Datei zum Download] · August Landmesser · Familie Maidanek · Fritz Sarne · Täter: Wilhelm Koppe

Themen: Antisemitismus · Courage · Deportation · Täter (1) · Täter (2) · Überleben 

Hinweise für LehrerInnen

 

Archiv

Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen nahm zum vierten Jahrestag der Gründung der FAS Stellung: »Es gibt Projekte und Arbeitsstellen, die von vielen begrüßt und gelobt werden, aber doch nicht die Unterstützung erhalten, die sie brauchen, damit sie auf Dauer gute Leistung erbringen. Die Forschungs- und Arbeitsstelle (FAS) »Erziehung nach/über Auschwitz« gehört dazu. Engagierte Männer und Frauen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen begleiteten diese Arbeit, die von Dr. Matthias Heyl mit großem Einsatz und viel Kompetenz begründet und getan wurde. Doch auf erste vage Zusagen weiterer Unterstützung erfolgten meist bald schon Absagen. Das war äußerst bedauerlich, doch es ließ sich nicht verändern. Es ist leichter, Projekte zu unterstützen, die positive Inhalte haben, als die Aufarbeitung unserer dunklen Geschichte. Es sieht zur Zeit alles andere als rosig aus, doch Matthias Heyl und SterniPark e.V. bleiben dem Projekt verbunden und geben noch nicht auf. Das ist gut so. Vielleicht, hoffentlich, ergeben sich neue Möglichkeiten, die Anliegen der FAS »Erziehung nach/über Auschwitz« fortzusetzen. Ich würde das sehr begrüßen.« [4. April 2002]

1. April 1933| Ein Flugblatt aus Harburg. Unter dem Hakenkreuz heißt es: »Kauf deutsche Waren, aus deutscher Hand; Kaufst Du beim Juden, verrätst Du Dein Vaterland.« »Verantwortlich für den Inhalt« zeichnete R. Hastedt aus Harburg, gedruckt wurde der Zettel bei Kühne, Knoopstraße 3. Das Flugblatt ist undatiert und war von einem aus Harburg geflohenen Juden aufbewahrt worden - als »Mittel gegen Heimweh«, wie er später bekannte. Am 1. April 1933 fand auf den Straßen des Deutschen Reichs der sogenannte »Abwehrboykott« statt - ein von den Nazis geplanter und durchgeführter Boykott gegen Geschäfte jüdischer Eigentümer, Rechtsanwalts- und Arztpraxen usw. Auch in Hamburg und im damals selbständigen Harburg-Wilhelmsburg. Wir dokumentieren hier beispielhaft die Harburger Ereignisse um den 1. April 1933. Zu Wort kommen Täter und Verfolgte in Quellen, Dokumenten und Interviews.  

»Kasperle-Freund ein Antisemit«| Die Hamburger Morgenpost berichtete am 4. Dezember über eine von der FAS angestoßene Umbenennung des Johannes-Rabe-Stiegs [zum Artikel... | zum Artikel...]. Zum Hintergrund: Der Hamburger Senat hat laut Auskunft des Senatsamtes für Bezirksangelegenheiten (SfB) - B 213 - Verkehrsflächenbenennung - vom 16. Oktober am 9. Oktober 2002 die nachstehend beschriebene Verkehrsfläche wie folgt benannt: »im Bezirk Bergedorf im Stadtteil Lohbrügge - Ortsteil 601 - den etwa 130 m langen, von der Straße Höperfeld – etwa 40 m nordwestlich der Einmündung Brüdtweg – nach Nordosten abzweigenden und in die Lohbrügger Landstraße einmündenden bisherigen Johannes-Rabe-Stieg in Höperstieg«. Mit der Straße ehrte die Stadt bislang den Heimatschriftsteller Johannes Emil Rabe. Der in den 1920er Jahren verstorbene Sammler und Autor hat sich u.a. um die Wiederbelebung des Kasperspiels in plattdeutscher Sprache verdient gemacht. Daran sollte der Johannes-Rabe-Stieg erinnern. Gleichzeitig war Rabe jedoch ein veritabler Antisemit, der zumindest in zweien seiner im Ersten Weltkrieg veröffentlichten Sammlungen von »Kasperschwänken« Pogromstimmung gegen Juden verbreitete. Der amerikanische Politikwissenschaftler Daniel Goldhagen schrieb in seinem breit diskutierten Werk »Hitlers willige Verstrecker« vom »eliminatorischen Antisemitismus« der Deutschen - Rabe mag man zu dessen Wegbereitern zählen - der Judenmord als volkstümlicher »Kasperschwank« und »Kinderspiel«; kaum zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung der beiden Bücher wurde daraus in und um Deutschland herum blutigster Ernst. Die FAS setzte sich seit Mai 2001 dafür ein, dass die Straße umbenannt wird. Und nun ist es geschehen... Ein kleiner Erfolg im sensiblen Umgang mit unserer Geschichte.  Umbenennung des Johannes-Rabe-Stiegs angeregt - Pressemeldung vom 21. Mai 2001...

Theresienstadt / Terézín. »Das Theresienstadt-Konvolut« war eine Ausstellung des Altonaer Museums im Heine-Haus (Elbchaussee 31, 22765 Hamburg) überschrieben. Gezeigt wurden bis zum 21. April 2002 Zeichnungen, Aquarelle und Dokumente aus dem Nachlass der in Altona geborenen Theaterwissenschaftlerin Dr. Käthe Starke. Dieser Fund gilt, so das Altonaer Museum, auch für Eingeweihte als Sensation, »denn es enthält das von der jüdischen Selbstverwaltung im Ghetto Theresienstadt angelegte »Prominenten-Album« mit 92 Fotos und Biographien von dort internierten jüdischen Wissenschaftlern, Künstlern und anderen Personen von öffentlichem Interesse. Die 64 Werke von professionellen und Laienkünstlern zeigen schlaglichtartig Ansichten und Szenen aus dem Alltagsleben im Ghetto, in das Käthe Starke 1943 aus Hamburg deportiert und wo sie im Mai 1945 von der Sowjetarmee befreit wurde. Derartige Zeichnungskonvolute befinden sich sonst im Ghettomuseum in Theresienstadt, im Jüdischen Museum in Prag und im Leo-Baeck-Institut in New York.« Die Ausstellung ist mit einem ausgezeichneten Katalog dokumentiert [Axel Feuß: Das Theresienstadt-Konvolut, Dölling & Galitz, Hamburg 2002] einher. Die FAS bietet in Kooperation mit dem Altonaer Museum ein 4-seitiges Begleitmaterial für den Unterricht zu der Ausstellung an, das hier heruntergeladen werden kann... | Linktipps zum Thema Theresienstadt: Památnik Terezín - Gedenkstätte Terezín (CZ) | Theresienstädter Initiative (CZ) | Institut Theresienstädter Initiative (CZ) | Hintergrundinformation vom US Holocaust Memorial Museum | Terezin Chamber Music Foundation (USA) | Beit Terezin - Gedenkstätte für das Getto (IL) | Art of the Ghettos and Camps - A Teacher Guide to the Holocaust 

Erster Bürgermeister Hamburgs bekennt sich zur Arbeit der FAS. Im Jahre 2000 hatten wir die führenden PolitikerInnen Hamburgs um eine Stellungnahme zur Arbeit der FAS gebeten. Einer antwortete: Ole von Beust seinerzeit Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Am 11. Oktober 2000 schrieb Ole von Beust, er unterstütze die Arbeit der FAS, »weil die breite Kenntnis von den Verbrechen gegen die Menschlichkeit Wiederholungsgefahren begrenzt. Weil das so ist, wird Auschwitz von Neonazis geleugnet. Für sie sind alle verloren, die von der Shoa wissen und von dem System der Täter.« In eine substantielle öffentliche Unterstützung unserer Arbeit mochten die Worte bislang nicht münden. 

Von Hamburger ReferendarInnen empfohlen| Am 2. und 3. November 2001 beschäftigten sich neunzehn ReferendarInnen im Rahmen eines Wahlkurses mit dem »Thema Holocaust in den "neuen Medien"«. Eine Auswahl von Websites, die die ReferendarInnen für Unterricht und/oder Unterrichtsvorbereitung empfehlen, finden Sie hier...

Harburg| Am 9. November 2001 wurden die neugestalteten Gedenktafeln für die Opfer des Nationalsozialismus im Harburger Rathaus übergeben. Hier Auszüge aus dem Redebeitrag von Matthias Heyl als normaler Text oder PDF-Datei [PDF, 578.761].

Frühere Jahn-Schule heißt heute Ida-Ehre-Schule| Zu den Anfängen der Diskussion hat die FAS zumindest beigetragen. Wie? Das erfahren Sie hier...

Harburger ?-Schule heißt künftig Gordon-Schule| Ein Anfang ist gesetzt. Mehr erfahren Sie hier...

Veränderungen| Der langjährige Leiter der FAS, der Hamburger Historiker und Erziehungswissenschaftler Dr. Matthias Heyl, hat seit dem 1. April 2002 die pädagogische Leitung der Jugendbegegnungsstätte Ravensbrück und der pädagogischen Dienste der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück übernommen [Presse: Berliner Morgenpost]. Heyl hatte die FAS seit ihrer Gründung im Jahre 1998 geleitet. Bereits 1995 hatte er zum ersten Mal die Idee einer Forschungs- und Arbeitsstelle »Erziehung nach Auschwitz« / »Institute for Holocaust Education« aufgeworfen [nachzulesen in dem Band Schreier/Heyl (Hg.): »Dass Auschwitz nicht noch einmal sei...« - Zur Erziehung nach Auschwitz, Hamburg, S. 56-62]. 1997 hat SterniPark e.V. diese Idee aufgegriffen und seitdem die Gründung und Arbeit der FAS im wesentlichen finanziert und mit einem Kuratorium und einem Kreis von UnterstützerInnen betrieben. 

Matthias Heyl bedankt sich auch auf diesem Wege bei den Mitgliedern des Kuratoriums, den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen Silke Ghobeyshi, Christian P. Gudehus, Beate Marko, Olivia Polo und Karsten Wilke, allen Kooperationspartnern, Sponsoren und NutzerInnen der FAS-Angebote für die gute Zusammenarbeit. Sein besonderer Dank gilt dem Träger der FAS, dem Hamburger Verein SterniPark e.V., der die Arbeit der vergangenen Jahre durch sein Engagement erst möglich gemacht hat. Der Beginn der Zusammenarbeit liegt im Jahr 1996, als die Vorbereitungen zu der Tagung »Der Holocaust - ein Thema für Kindergarten und Grundschule?« begannen, die 1997 in Hamburg stattfand und 1998 auch in Buchform dokumentiert wurde. [zum Grundschulforum...].

Sie erreichen Matthias Heyl nach dem 1. April 2002 per eMail unter heyl@ravensbrueck.de

Vieles haben wir seit Gründung der FAS im Jahre 1998 gemeinsam realisiert:  zahlreiche Seminare und Lehrerfortbildungen, eine Tagung in Lübeck unter Schirmherrschaft von Ignatz Bubis mit über 500 TeilnehmerInnen zum 60. Jahrestag des Novemberpogroms (1998), die Leitung der pädagogischen Konzeption der inzwischen vielfach ausgezeichneten CD-ROM »Erinnern für Gegenwart und Zukunft« der Shoah Foundation, eine Website mit großer Akzeptanz, die oft empfohlen wird... [zur FAS-Chronik...] Seit 1999 ist Matthias Heyl Mitglied der Beratergruppe des Auswärtigen Amtes im Rahmen der deutschen Beteiligung an der »Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Research and Remembrance« und seit 2000 gehört er der Fachkommission des Goethe-Instituts zur inhaltlichen Ausrichtung und fachlichen Begleitung der Website www.lernen-aus-der-geschichte.de an, die Anregungen aus der und für die Unterrichtspraxis bietet. 

SterniPark e.V. und Matthias Heyl haben das Vertragsverhältnis einvernehmlich zum 31. März 2002 beendet, setzen aber auf weitere Möglichkeiten der Kooperation. 

Diese Website wird als »virtuelle FAS« mit dem gewohnten hohen Informationsgehalt weitergeführt, und auch die »reale« FAS wird - mit verändertem Profil - weitermachen. Eine Bilanz über vier Jahre FAS finden Sie hier...

 

Courage und Elend. Stapellauf in Hamburg, Mitte der Dreißiger Jahre. Die Belegschaft auf einem Foto mit zum »Hitler-Gruß« erhobenen Händen. Nur einer, wenn man genau hinschaut, steht da mit verschränkten Armen. August Landmesser. Der Anfang der Dreißiger Jahre Mitglied der NSDAP geworden war, sich aber inzwischen in eine Jüdin verliebt hatte. Die Geschichte seiner Familie, die nach den rassistischen Vorstellungen der Nazis keine sein durfte - Irene Eckler erzählt die Geschichte ihrer Eltern, die den Nationalsozialismus nicht überlebt haben, und die Geschichte ihres eigenen Lebens und Überlebens in Hamburg - die Dokumentation finden Sie hier... 

 

Unterrichtsmaterialien

Matthias Heyl / Margit Maronde-Heyl: Projekt »Die Gesellschaft des Holocaust«  [PDF ca. 4 MB
Diese 18-seitige Datei ist wegen der Grafiken mit fast 4 MB sehr groß. Sie benötigen etwas Geduld beim Herunterladen.

Matthias Heyl / Margit Maronde-Heyl / Gisela Schacht: »Jüdisches Leben - Einführung in jüdische Kultur und Geschichte«  [PDF ca. 4 MB
Diese 128-seitige Datei ist wegen der Grafiken mit über 3 MB sehr groß. Sie benötigen etwas Geduld beim Herunterladen. Sie können diese Broschüre auch fertig gedruckt und gebunden bei der FAS bestellen. 

Arbeitsblatt 
Theresienstadt
[4 Seiten, PDF  116.254

Arbeitsblatt
Alfred Gordon [2 Seiten Arbeitsblatt PDF 644.171]

»Es ist mir ein Rätsel, wie Menschen sind...« ist eine 59seitige Unterrichtseinheit von Silke Ghobeyshi über das Leben der Hamburger Schauspielerin und Ehrenbürgerin Ida Ehre (1900-1989) für den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht überschrieben, die neuerdings in unserem DaF-Forum herunterladbar ist.

Hamburger Quellen zum 28. Oktober und 9. November 1938: Vielen Historikern gelten die Ereignisse des  9. / 10. November 1938 als eine Art »Testfall« der antijüdischen Politik der Nazimachthaber. Bereits kurz zuvor, am 28. Oktober 1938, wurden reichsweit Juden polnischer Herkunft und deren Familien aus Deutschland, Österreich und dem Sudetenland nach Polen abgeschoben. Darunter die Familie von Herschel Grynszpan, der den Nazis mit seinem Attentat auf den Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Paris den willkommenen Anlass für die antijüdischen Ausschreitungen am 9. und 10. November 1938 bot. In der Gesamtschau wurden also am 28.Oktober 1938 etwa 18.000 Juden abgeholt und in der Folge nach dem Grenzgebiet deportiert, und um den 9.November 1938 herum wurden etwa 30.000 weitere Juden, in die deutschen KZs verschleppt, ohne dass sich größerer Widerspruch in der nicht­jüdischen Bevölkerung regte. So wurden insgesamt fast 50.000 Menschen jüdischer Herkunft innerhalb zweier Wochen aus ihrer Umwelt gerissen. 50.000 Menschen, das war fast ein Siebtel der Anfang 1938 noch im »Altreich« lebenden 350.000 Juden. Deportationen und offener Terror, überwiegend »diszipliniert« und organisiert, erwiesen sich für die nationalsozialistischen Machthaber so als gangbare Wege der Verfolgung - es regte sich kein bemerkenswerter Widerstand dagegen. Hier finden Sie Quellen aus einem lokalhistorischen Beispiel - das geschah am 28. Oktober 1938 und am 10. November 1938 in Hamburg-Harburg... 

Deportation Hamburg - Lodz, 25. Oktober 1941: Am 25. Oktober 1941, verließ ein erster Transport mit 1.034 Hamburger Juden die Stadt in Richtung Lodz, damals »Litzmannstadt«. Es war - nach der Ausweisung von etwa 1.000 Hamburger Juden polnischer Herkunft und/oder Staatsangehörigkeit, die am 28. Oktober 1938 nach Polen abgeschoben wurden – der erste von 17 Deportationstransporten, die Hamburg bis zum 14. Februar 1945 in Richtung Lodz, Minsk, Riga, Auschwitz und Theresienstadt verließen. Mindestens 5.848 Personen wurden so deportiert, von denen mindestens 5.296 den Tod fanden. Aus Anlass des 60. Jahrestages des Transportes vom 25. Oktober haben wir für hier eine für den Unterricht aufbereitete Quellensammlung vorbereitet.... Dort finden Sie Zeugnisse von Ermordeten, Überlebenden und für das Geschehen verantwortlichen Tätern. 

 

Archiv

Deportation Hamburg - Riga, 6. Dezember 1941: Vier Deportationstransporte mit Hamburger Juden verließen 1941 die Stadt. Am 25. Oktober wurden 1.034 Personen nach Lodz in das Getto Litzmannstadt deportiert, von denen mindestens 1.016 den Tod fanden. Der Transport vom 8. November nach Minsk zählte 968 Deportierte, von denen 952 umkamen. 407 Personen wurden am 18. November 1941 nach Minsk deportiert, 403 von ihnen überlebten das Morden nachweislich nicht. Der Transport am 6. Dezember galt 753 Menschen, von denen mindestens 726 in Folge der Verfolgung starben. Zu den Deportierten gehörten auch der letzte Oberrabbiner Hamburgs, Dr. Joseph Carlebach, seine Frau Charlotte (Lotte) und beider Töchter Ruth, Noemi und Sara. Sie wurden am 26. März 1942 bei Riga ermordet. 

»Nun wissen wir es: Am 5. oder 6. Dezember geht es fort. Keiner fragt, wohin. Jeder weiß es, und keiner gesteht es sich ein. Wir sind jetzt elf in den zwei Zimmern Hartungstraße. Die Borowers sind die Ältesten und beide krank. Werden sie die Reise überstehen? Wolf B[orower] sagt zu seiner Fanni, es werde das gelobte Land. Und wenn sie wimmert und versucht, das geschwollene Knie auszustrecken, streichelt er sie und sagt, sie müsse sich über die Eisblumen an den Fenstern freuen. Solch schöne Eisblumen dieses Jahr! Wie nie zuvor. Und draußen sei alles so fröhlich, der Krieg nicht zu spüren. Ob sie schon die Fichten und die Tannen gesehen hat, die bald in die Häuser geholt werden. Die Christen schmücken die Tannen; aber wir haben jetzt Chanukka und nicht einmal einen Leuchter, nur die Eisblumen. Eisblumen ersetzen manchmal die Chanukkaleuchter. Der Kopierstift ist so hart, dass ich ihn mit den Lippen feucht machen muss. Wenn ich alles überdenke, werden meine Lippen trocken, und ich kann nicht mehr schreiben. Für wen schreibe ich? Vielleicht, dass Margarethe und Selma es eines Tages doch noch lesen werden. Ob es in Friendsfield auch so kalt ist? Wo liegt Friendsfield? Es liegt weit ab von Dannenberg, wo ich geboren wurde, und weit ab von der Hartungstraße in Hamburg. So weit ab, dass ich von hier nach da keine Gedanken hinüberschicken kann. Laura Mosbach stammt aus Bünde in Westfalen und kann Zigarren aus alten Blättern und Zeitungspapier drehen. Aber weder die Wenkels, noch die Grothkopps wollen sie rauchen. Sie ist traurig. Wer will heute schon rauchen! Am Morgen kommen dreimal hintereinander SS-Leute und wollen unsere Papiere. Wir sagen, dass wir sie schon haben abgeben müssen und dass wir registriert sind. Ob es nicht etwas zum Heizen für den Ofen gibt und einen Arzt für Fanni Borower. Sie grinsen und sagen, wir brauchten keinen Ofen mehr und Ärzte gebe es nicht einmal für die anständigen Menschen. Für die anständigen Menschen, sagt er. Und Fanni Borower sagt, es ginge ihr schon besser. Keine Umstände. Keiner will „Umstände“, weil man dann ausgesondert wird und gleich mitkommen muss. Wer weiß, wohin. Mittags um zwei gibt es für jeden ein Stück Brot, Marmelade und etwas Schmalz. Keiner fragt, ob das zusammenpasst. Wir essen das alles auf. Wie die Ratten, die auch alles aufessen und nicht fragen, ob es zusammenpasst. Dazu gibt es aus einer Kanne heißen Malzkaffee. Dann kommt eine Frau. Dick und grobschlächtig. Leibesvisitation! Sie greift jedem unters Hemd, in die Hosen. Wir müssen die Arme hochhalten und die Beine breit machen. Sie fühlt alles durch und nimmt der alten Borower die Tinktur für das Knie weg. Das sei Alkohol, sagt sie. Und für Juden sei jeglicher Alkohol verboten. Bei Todesstrafe. Fanni wimmert, Wolf hält ihr den Mund zu. Die Frau sagt, dass sie einen Pullover für ihren Sohn für Weihnachten stricke. Aber so schöne Wolle wie in dem Schal von der Wenkel bekomme man nirgendwo. Die Juden hätten immer alles. Das beste! Aber bald würde sie auch solche Wolle besitzen. Vielleicht morgen schon. Die Wenkel knotet sich den Schal fest um den Hals. Sie will nicht, dass ihr Schal für den Weihnachtspullover der Dicken aufgerippelt wird. Die Frau sagt, dass es morgen in aller Frühe losgehe. Wir würden geweckt, und dann müssten wir auch die Uhren abliefern und die Eheringe. Und wehe, wer etwas verstecke. Ich werde auch mein Geschriebenes abgeben müssen; vielleicht gelingt es niemals nach Friendsfield zu Margarethe und Selma. Niemals! Alles, was wir hier tun und denken, ist „niemals“! Der alte Borower erduldet am Nachmittag einen Herzanfall. Wir massieren ihn und müssen frische Luft hereinlassen, obwohl alle frieren. Er ist blau im Gesicht, und wir geben ihm den Rest aus der Kanne zu trinken. „Es wird das gelobte Land sein!“ sagt er immer wieder. „Ihr werdet es sehen!“ Er sagt es und sagt es und hat keinen Glauben mehr an das gelobte Land. Nachdem wir das Fenster geschlossen haben, sind die Eisblumen verschwunden. Es sind weniger Leute auf der Straße. Zwei schwarze Autos parken vor dem Haus. Bewacher. In vier Häusern sind wir alle untergebracht. Über uns weinen Kinder. Gegenüber ist Lärm im Haus. Da werden Kerzen angesteckt. Und als es schummrig wird, kommt ein Mann die Straße herunter, der sich als Nikolaus verkleidet vor der Türe. Erst zieht er einen roten Umhang an, dann setzt er eine Larve auf und eine hohe Mütze. Er hat einen Sack in der Hand und eine Rute. Ist heute der Nikolaustag oder morgen? Man vergisst, was ist. Es wäre besser, man könnte noch mehr vergessen. Der Mann kommt in das Zimmer, der Lärm wird stärker. Lichter, Lärm, Freude, Geschenke… Am Abend habe ich einen Weinkrampf. Die Wenkel sagt, dass es wie bei den vorigen Transporten sei. An der Sternschanze stünden die Viehwagen. Offen. Frauen für sich, Männer für sich. In Altona kämen Wagen aus Kiel und Hannover dazu. Wolf will nicht von Fanni getrennt werden. Er jammert, dass er es nicht wie sein Freund Bukofzer gemacht hat. Bukofzer und seine Frau haben sich erhängt. Wozu erhängt man sich? Ich muss alle meine Kräfte zusammennehmen und nur daran denken, dass Margarethe und Selma in Friendsfield in Sicherheit sind. Jetzt ist es kurz vor Mitternacht oder schon später? Drüben feiern sie. Lichter, Wärme. Der Hauswart kommt und sagt, es wäre besser, ihm alle Wertsachen, die wir noch hätten, in Verwahrung zu geben. Ich habe nichts. Nur diese Blätter und den Kopierstift. Er besorgt mir einen alten Umschlag. Dort hinein werde ich jetzt alles stecken und ihm geben. Er soll es an Margarethe und Selma schicken. Er verspricht es. Ich schreibe nun nichts mehr. Adieu, meine Lieben. Denkt nicht schlecht von mir.«

Aus der Liste des Transportes vom 6. Dezember 1941, von Hamburg nach Riga: Thekla Bernau, 29.5.1900, Dannenberg - Fanni Borower, geb. Schwarz, 21.11.1875, Posen - Wolf Borower, 20.2.1870 Neustadt - Laura Mosbach, geb. Horwitz, 1.2.1876 Bünde - Zerline Wenkel, geb. Joseph, 2.7.1879 Altona. Aus dem Gedenkbuch der „Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945“, Bundesarchiv Koblenz, 1986: Bernau, Thekla, 29.05.1900, verschollen in Riga - Borower, Fanni, geb. Schwarz, 22.11.1876, verschollen in Riga - Borower, Wolf, 20.02.1870, verschollen in Riga - Mosbach, Laura, geb. Horwitz, 01.02.1876, verschollen in Riga - Wenkel, Celine, geb. Joseph, 02.07.1879, verschollen in Riga.

Nachzulesen in dem Buch »Thema Holocaust - Ein Buch für die Schule« (S.245-248).