»Wenn ich einst ins Ausland…«

Karl Maidanek (* 7.12.1889 Unter-Wikow) betrieb in Harburg eine Schuhmacherei und Lederhandlung. Dort lebte er mit seiner Frau Helene (* Rosenbaum, 3.1.1891 Zierenberg) und den in Harburg geborenen Söhnen Herbert (* 5.4.1920) und John (* 24.4.1924) lebten in bescheidenen Verhältnissen.

 

Herbert, Helene, Karl und John Maidanek (undatierte Fotocollage von John Maidanek)

 

Die folgenden Zitate stammen aus Briefen John Maidaneks an den Hamburger Historiker Matthias Heyl:

Die Söhne besuchten die Talmud Thora Schule im Hamburger Grindelviertel beim Dammtorbahnhof.

1935 gelang es den Eltern, den jüngsten Sohn Herbert mit einem ð  Kindertransport außer Landes zu bringen. Sein Bruder Herbert bereitete sich für die Auswanderung ins damalige Palästina vor, die ihm jedoch nicht mehr gelang. Auch den Eltern gelang es nicht mehr, aus Deutschland zu fliehen.

In den folgenden Jahren bestand der einzige Kontakt zwischen John und seiner Familie in Briefen, die die räumliche Distanz nur schwer überbrückten. Hier sind Auszüge aus den Briefen der in Hamburg verbliebenen Familie dokumentiert:

Findet heraus, warum Karl Maidanek »G’tt« schreibt.

 

Knapp eine Woche vor dem Novemberpogrom also zog die Familie Maidanek in die Kellerwohnung unter der Harburger Synagoge in der Eißendorfer Straße 15.

Vorderansicht der Harburger Synagoge

 

Johanna Meier, eine Harburger Jüdin, der die Emigration in die Schweiz glückte, erinnerte sich:

Karl Maidanek wurde verhaftet. Seine Frau befand sich währenddessen in Gesellschaft von zwei hinzugeeilten Bekannten in der Wohnung, als die Harburger Nazis unter großer Anteilnahme der Bevölkerung begannen, die Harburger Synagoge zu verwüsten.

 

In dem Urteilstext zum Prozess gegen die Harburger Nazis, die im November 1938 die Harburger Synagoge und den Friedhof der jüdischen Gemeinde zerstörten, heißt es:

Informiert Euch über den jetzigen Zustand des Grundstücks an der Ecke Knoopstraße / Eißendorfer Straße in Harburg. Was erinnert dort heute an die damaligen Ereignisse?

 

Bei ihrer Schwester Bertha, die mit dem nichtjüdischen Dachdecker Adolf Köster verheiratet war, fand sie in jener Nacht Zuflucht.

Überlegt, warum Karl Maidanek seinem Sohn John nicht ausführlicher über die Ereignisse des 9. und 10. November 1938 schreibt. l  Versetzt Euch in die Lage von Helene Maidanek und schreibt einen Tagebucheintrag für den 11. November 1938.

 

Erklärt aus dem Text, warum Karl Maidanek englische Begriffe verwendet.

 

Informiert Euch über Durchschnittsverdienste im Jahr 1939. 

Dies ist der zeitlich letzte Briefauszug, den John Maidanek zur Verfügung stellte. Was spricht dafür, was dagegen, dass dies auch der letzte Brief war, den er von seiner Familie erhielt?

 

Am 25. Oktober 1941 wurden Helene, Karl und Herbert Maidanek nach Lodz in das Getto Litzmannstadt deportiert.

Die letzten Zeugnisse, die über sie Auskunft geben, sind ihre erhalten gebliebenen Meldekarten der Gettoverwaltung.

Karl Maidanek bezog laut Anmeldekarte »mit 3 Personen 1 Zimmer in der Wohn.Nr.17 an der Flisacka Nr. 4 Reg.Nr. 31179 Karten Nr. 165806«.

Für Helene Maidanek und ihren Sohn Herbert sind auf den Anmeldekarten jeweils die gleichen Adressangaben verzeichnet.

Es existiert für Karl Maidanek auch eine Abmeldekarte vom 18. März 1942. Er »verließ am 16.3.« die Wohnung Nr. 17, »Ursache: Tod«. Er starb im Alter von 52 Jahren fünf Monate nach der Deportation nach Lodz.

Anmeldekarte für Karl Maidanek Abmeldekarte für Karl Maidanek
Anmeldekarte für Helene Maidanek Abmeldekarte für Helene Maidanek
Anmeldekarte für Herbert Maidanek Abmeldekarte für Herbert Maidanek

Herbert Maidanek wurde zehn Monate, nachdem er Hamburg verlassen hatte, am 24. August 1942 für den Vortag abgemeldet. Ursache: »Tod – Unterernährung«.

In ihrer Abmeldekarte 12. September 1942 heißt es über Helene Maidanek, sie habe die letzte Wohnung zwei Tage zuvor verlassen, unter »Grund« steht: »ausgewiesen« - ein Deckbegriff vermutlich für den Weitertransport in ein Vernichtungslager.

Der einzige Überlebende der vierköpfigen Familie ist John Maidanek.

 


 

Quellen: