Brief vom November 1941
- November 1941
Liebe Dreieinigkeit!
Euren Brief vom Oktober erhalten.
Ich will das, was zu entnehmen war, beantworten. Leider fehlte ein ganzes
Stück.
Seid bitte so gut, und schreibt auf Doppelbogen, so daß bei Beanstandungen
mir nicht gleich zweiseitig alles verlustig geht.
Ich bin sehr traurig, lieber Opa, dass Du krank bist, was musst Du Armer
für Schmerzen haben. Ich wünsche Dir recht gute Besserung. Da Ingrid noch
schulfrei ist, wird sie Dich hoffentlich etwas aufmuntern.
Gleich Euch hoffe ich auf weitere Zahlungen von August. Weshalb diese
Gleichstellung der Kinder? Bleiben sie mir auch?
Elfi tut mir sehr leid. Hoffentlich hat sie wenigstens Freude am Kind.
Ich hätte gern gewusst, warum wird das Resultat noch Monate dauern?
Ihr dürft mir nicht zu undeutlich schreiben, dann wird es nicht
beanstandet.
Habt Ihr den Zettel an die [jüdische] Gemeinde geschickt?
Ich freue mich schon auf warme Sachen.
Warum bekomme ich nie von Lilly und Herta mal einen Brief. Sie können ja
von sich aus mir zusammen schreiben. Nehmt doch nicht alles so genau. Warum
schreibt mir der Skatbruder nie einen Gruß und wo bleibt Muttis
erwünschter Kinderbericht?
Erhaltet Ihr meine Post unbeanstandet? Hoffentlich werdet Ihr mir alles
genau beantworten.
Wer wurde von der Schule aus verschickt?
Nochmals recht gute Besserung, lieber Opa.
Seid alle innigst geküsst von Eurer Mutti Irma
Erklärungen:
- "Zu Weihnachten 1941 hatte die Lagerleitung eine
menschenfreundliche Anwandlung. Die Verwandten durften das erste Mal ein
Paket schicken, mit von der SS
genau dekretiertem Inhalt und Gewicht. Doch das Erstaunlichste: Jeder
Häftling durfte eine Wolljacke erhalten." [M.
Buber-Neumann: Milena - Kafkas Freundin, Frankfurt 1985, S. 39]